Zum Grabungsabend kamen wieder zahlreiche Besucher. Zu Beginn blickte Museumsleiterin Dr. Jennifer Morscheiser auf das vergangene Jahr zurück (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld. Neue Funde aus Krefeld wurden vorgestellt

Dass sich die Krefelder für die Arbeit und Erkenntnisse der Archäologen in der Stadt interessieren, wurde am Grabungsabend des Archäologischen Museums Krefeld einmal mehr deutlich: In der voll besetzten Museumsscheune hörten sich gut 200 Besucher die Vorträge von sechs Archäologen an. Museumsleiterin Dr. Jennifer Morscheiser blickte zu Beginn auf das vergangene Jahr zurück. Der Abschluss der größten Grabung in der Geschichte des Museums stach hier besonders hervor. Über ein Jahr wurde auf dem Areal des nördlichen Lagerdorfes am römischen Kastell der Boden nach Spuren aus der Vergangenheit untersucht. Etwa 60 Kubikmeter an Funden kamen so ans Tageslicht. Darunter hunderte Münzen, Waffen, eine Bronzewerkstatt, mehrere Öfen und vor allem das römische Dorf mit seinen Häusern und Straßen.

Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter berichtete von dem Fund eines römischen Soldatenhelms auf dem einstigen Schlachtfeld von Gellep. Der römische Historiker Tacitus (58 bis 120) schilderte in seinen „Historien“ den blutigen Kampf im Jahr 69 zwischen den germanischen Batavern und den Römern. Nur durch einen glücklichen Zufall konnten die römischen Legionäre die Schlacht doch noch gewinnen. Für diesen Sieg hat Schletter wohl einen in Deutschland einzigartigen Fund gemacht: die Spuren von zwei Trophaea, zwei Sieges-Denkmälern. Ein bereits 1988 gefundener Helm sowie der aktuelle Fund seien sehr ordentlich mit ihrem Oberteil nach unten in den Boden eingelassen. Ihre Wangenteile – wie die Helme aus Stahl – wurden abmontiert, säuberlich gefaltet und in den Helmen abgelegt. Diese Fundsituation spreche für eine kultische Deponierung, so Schletter. Der ehemalige Museumsleiter Dr. Christoph Reichmann analysierte in seinem Beitrag „Zur Bevölkerung Geldubas in der Spätantike und frühem Mittelalter“ die Belegung von unterschiedlichen Bestattungsgruppen und Formen auf dem Gräberfeld in Gellep. So machte er einen kleinen Bereich aus, in dem Ubier aus der Umgebung des Kastells bestattet wurden. Einen weiteren Bereich rechnet er einer Gruppe aus dem Raum der Bataver (Rhein-Maas-Region) zu, die von den Römern aus dem Norden nach Gellep umgesiedelt worden sind. Zu jeder Gruppe zeigte Reichmann entsprechende Grabbeilagen, die die Herkunft der Menschen untermauern. Im Gräberfeld von Stratum machte er Verbündete der Römer aus, die von der anderen Rheinseite stammen und vor dem Zusammenbruch des Limes im fünften Jahrhundert dort ansässig waren. Der Fund einer Silberfibel aus Mitteldeutschland deute auf die Herkunft dieser Gruppe hin. „Sie stammten also nicht aus dem unmittelbaren Umfeld“, so Reichmann. Von noch weiter her kamen Angehörige einer Reitereinheit aus dem Osten des Reiches.

Der Archäologe Eric Sponville stellte einen Fund aus der großen Grabung 2017/2018 vor: Eine seltene römische Kästchenform aus dem Vicus von Gelduba. Von dem Holzobjekt haben die Jahrhunderte lediglich die Beschläge aus Bronze und das Schloss aus Eisen die Zeit überstanden sowie eine Delfinfigur. Bei seiner Recherche stieß Sponville auf einen fast identischen Beleg aus Neuss. Auch das dortige Kästchen wurde mit einem Delfin gefunden. „Wie der Delfin und die Beschläge zusammenpassen, kann noch nicht beantwortet werden“, sagte Sponville.

Von einer Erkundungsgrabung und Begehung in einem geplanten Wohnbaugebiet in Fischeln berichtete der Archäologe Horst Husmann. Er und sein Team legten dort mehrere Suchschnitte an. Die ersten dort gefundenen Spuren sprechen für eine Besiedelung bereits zur Eisenzeit (800 vor Christus). Zudem entdeckte er Hinweise auf eine römische Besiedlung und weitere Funde aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit, die für eine weiterführende Untersuchung des Areals sprechen. Zum Abschluss des Grabungsabends erzählte Dr. Annette Schieck, Leiterin des Deutschen Textilmuseums und Archäologin, von einem Seidenbesatz aus dem Bestand des Museums, der aus dem 5. bis 7. Jahrhundert stammt. Wie in einem Kriminalfall recherchierte sie nach der Herkunft des Objektes, das schon in den 1880er-Jahren in die Krefelder Gewebesammlung kam. Ein vergleichbares Stück machte sie in London aus und kam so einem britischen Offizier auf die Spur, der in Ägypten stationiert war und die Objekte bei einem hiesigen Händler erwarb. Der Hinweis auf den nordafrikanischen Staat führte sie schließlich nach Antinoopolis, einer römischen Stadt rund 300 Kilometer südlich von Kairo. Dort waren persische Sassaniden als römische Militärs vor Ort. Sie trugen kostbare Reitermäntel aus Kaschmir mit seidenen Besätzen – und um einen solchen handelt es sich bei dem Museumsbestand.

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