Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter zeigt an einem in Krefeld gefundenen römischen Helm an welcher der Stelle solch ein Stirnschutzbügel angebracht war (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, D. Senger)
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Krefeld. Archäologen stellen Forschungsergebnisse bei Grabungsarbeiten vor

In der Restaurierungswerkstatt des Archäologischen Museums Krefeld säubern Museumsrestauratorin Eileen Wolff und ehrenamtliche Helfer seit mehreren Monaten die Funde aus der großen Grabung in Gellep. Diese wurde vor knapp einem Jahr beendet. Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter und sein Team haben auf dem Areal um das nördliche Lagerdorf des römischen Kastells Tausende Funde entdeckt. Befreit vom Erdreich und Rost oder durch eine intensive Betrachtung und Analyse offenbaren sie erst jetzt ihre einstige Verwendung. Der Stadtarchäologe hat dabei eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Aus einem kleinen, grauen Pappkarton holt er einen Stirnschutzbügel eines römischen Soldatenhelmes hervor. „Das ist Bronze. Der Bügel war früher poliert und glänzte golden“, so Schletter. Dieser Schutzmechanismus gehörte zu einem sogenannten, nach seinem ersten Fundort benannten Weißenau-Helm aus der Typengruppe Mainz-Krefeld-Gellep. „Funde von diesem Helmtyp sind besonders selten. In Krefeld ist es schon der dritte Nachweis“, betont Schletter.

Das Helmelement wurde in einer oberen Bodenschicht gefunden. Es gehört wohl in den Schlachtzusammenhang in Gellep/Gelduba. Dort lagerten im Herbst 69 rund 12 000 römische Legionäre und Hilfstruppen, um den Bataveraufstand niederzuschlagen. Völlig überraschend überfiel der batavische Adlige Julius Civilis an einem Novembertag mit seinem Heer dort die Römer. Es kam zu einem heftigen Gefecht. Dafür gibt es nicht nur eine schriftliche Quelle des Historiker Tacitus, sondern zahlreiche archäologische Funde, welche die Schilderungen bestätigen. Nur durch das Eintreffen von Hilfstruppen konnten die Römer die Bataver an dem Tag schlagen. Von dieser Schlacht wurden 1988 und 2017 Soldatenhelme entdeckt.

Die römischen Soldaten trugen derartige Weißenau-Helme im ersten und zweiten Jahrhundert als Standardmodell. Handwerker dengelten sie aus einem Stahlstück, also trieben es mit Werkzeugen aus dem Metall heraus, beschlugen sie mit Kupfer oder Messing und verzierten sie mit Ornamenten. Trotz der massenhaften Produktion handelt es sich stets um Unikate. „Das sind römische Hightec-Produkte“, so der Stadtarchäologe. Der am Helm angenietete Stirnschutzbügel sollte die Soldaten vor Hieben von vorne schützen. Spuren kann man an dem jetzigen Fund erahnen. Der Bügel ist nur mit seinen Enden am Helm befestigt, so dass sich – vergleichbar mit einer Stoßstange am Auto – noch ein leichter Abstand als Puffer ergibt. „Das haben die Soldaten selbst entwickelt. Das römische Militär war sehr pragmatisch“, sagt Schletter.

Ob der Schutzbügel zu einem dritten Helm gehörte, ob er als Metallschrott der ebenfalls in Gellep 2017 entdeckten Bronze-Werkstatt zuzurechnen ist oder gar zu einem der bereits gefundenen Helme zählt – eine Festlegung ist zurzeit nicht möglich. „Es gibt vielfältige Interpretationen“, so der Archäologe. Bei seiner Spurensuche könnte Schletter ein Helm vom Typ Weißenau helfen, den das Museum im Andreasstift in Worms für Forschungs- und Dokumentationszwecke nach Krefeld ausgeliehen hat und der einen Höhepunkt ihrer Sammlung darstellt. „Das hat uns dessen wissenschaftlicher Leiter, Dr. Olaf Mückain, ermöglicht“, freut sich Schletter. In den kommenden drei Monaten wird er für seine Arbeit den teilrekonstruierten Wormser Helm detailgetreu fotografieren und röntgen lassen. Zudem soll eine 3D-Ansicht produziert werden. „Ich werde auch Zeichnungen anfertigen“, sagt Schletter. Der direkte Vergleich soll weitere Aussagen über die Krefelder Helme ermöglichen.

Was Schletter bislang herausgefunden hat, auch die Verwendung der Krefelder Helme als römisches Siegesdenkmal auf dem Schlachtfeld in Gellep, wird er am Grabungsabend des Archäologischen Museums Krefeld am Donnerstag, 24. Januar, ab 19 Uhr in der Museumsscheune an der Albert-Steeger-Straße in Linn vorstellen. Dort werden auch weitere Vorträge unter anderem über die Bevölkerung Geldubas in der Spätantike und dem frühen Mittelalter gehalten. Der Eintritt beträgt drei Euro. Informationen stehen unter www.museumburglinn.de.

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