Gemeinsam gedachten die Stadt Krefeld und das Bündnis für Toleranz und Demokratie des Kriegsendes vor 73 Jahren (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, L. Strücken)
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Krefeld. Gemeinsam haben die Stadt Krefeld und das Bündnis für Toleranz und Demokratie an den Jahrestag des Kriegsendes erinnert. Zur Gedenkveranstaltung auf dem Hauptfriedhof fanden sich am Dienstagabend rund 100 Gäste zusammen. Oberbürgermeister Frank Meyer erinnerte in seiner Rede an die Zeit des Nationalsozialismus und den Tag der Befreiung am 8. Mai 1945. „Vor genau 73 Jahren – es war übrigens, so wie heute, ein Dienstag – hat der Zweite Weltkrieg ein Ende gefunden. Mehr als 60 Millionen Menschen waren gestorben, weite Teile Europas lagen in Schutt und Asche. Die Deutschen hatten mit der Ermordung von sechs Millionen Juden, von Sinti und Roma, von Homosexuellen, von Menschen mit Behinderung und Andersdenkenden schwere Schuld auf sich geladen. Bis heute ist der Holocaust ein unfassbares Verbrechen, das jede Vorstellungskraft sprengt.“ Nichtsdestotrotz erinnerte der Oberbürgermeister auch an die deutschen Opfer des Krieges, etwa an die 14 Millionen Vertriebenen und die Kriegsgefangenen: „In der Sowjetunion überstand nur gut die Hälfte von ihnen den Hunger, die Kälte und die Zwangsarbeit – und die, die nicht heimkehrten, ließen Millionen von Witwen und Waisen zurück. Bis heute gelten noch mehr als 1,2 Millionen Menschen beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes als vermisst: Ihr Schicksal wird sich nicht mehr klären, denn Ende 2023 werden alle Nachforschungen eingestellt.“

Frank Meyer nutzte das Gedenken, um auch vor aktuellen weltpolitischen Tendenzen zu warnen. Die Konflikte um Syrien und den Iran sind für ihn Signale einer gefährlichen Fehlentwicklung: „Zur militärischen Aufrüstung, die seit einigen Jahren wieder verstärkt stattfindet, kommt längst die verbale Aufrüstung. ‚Get ready, Russia!‘, schrieb US-Präsident Donald Trump auf Twitter – das erinnert mich eher an einen billigen Kriegsfilm oder ein schlechtes Videospiel. Doch es ist nicht nur die Wortwahl, die dabei verstört: In der digitalen Beschleunigung von Informationen und Werturteilen liegt ohnehin eine große Gefahr – denn je schneller die Drohungen hin und her fliegen, desto weniger Zeit bleibt zum Nachdenken. Wir sollten uns diese Zeit dennoch nehmen, vor allem an Tagen wie diesem.“ Der Oberbürgermeister rief dazu auf, die Erinnerungskultur – vor allem an Schulen – zu pflegen und den europäischen Gedanken auch im Kleinen zu leben. „Antworten auf Fragen der Gegenwart können wir auch hier finden, in dem, was vor rund acht Jahrzehnten auf deutschem Boden begonnen hat. Wir haben als Deutsche bis heute eine besondere Verantwortung, niemals wieder Krieg zuzulassen: Es ist klar, dass die Entscheidung, den Frieden zu bewahren, nicht alleine in unserer Macht steht – aber um den Frieden zu bewahren, müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht. Genau daran erinnert uns der 8. Mai 1945.“

Nach der zentralen Ansprache am Mahnmal für die Opfer der Konzentrationslager zog die Versammlung weiter zum Denkmal für die in Krefeld umgekommenen Zwangsarbeiter, an deren Schicksal Ralf Winters mit einem bewegenden Vortrag erinnerte. Die letzte Station war der alte Jüdische Friedhof. Ein Chor der Gesamtschule Uerdingen begleitete die Veranstaltung musikalisch.

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