Mehr als 200 leere Heimpflegeplätze gibt es aktuell im Rhein-Kreis Neuss (Foto: GettyImages_697886924)
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Rhein-Kreis Neuss. Zurzeit sind mehr als 200 Pflegebetten im Rhein-Kreis Neuss leer, allein 25 im Bereich der Stadt Neuss. Diese Zahl hat die Heimaufsicht des Kreissozialamtes jetzt im Sozial- und Gesundheitsausschuss vorgelegt. Kreisdirektor Dirk Brügge machte im Ausschuss deutlich: „Angesichts dieser Zahlen brauchen wir keine neuen Pflegeheime. Wir setzen uns dafür ein, dass die Menschen dort versorgt werden, wo sie leben.“

In der vom Rhein-Kreis Neuss entwickelten Heimfinder-App, die im Internet unter heimfinder.rhein-kreis-neuss.de aufgerufen werden kann, werden allerdings nur wenige freie Plätze angezeigt. Dies begründete Brügge so: „Die zurzeit 200 unbesetzten Pflegeplätze können nicht angeboten werden, weil die Pflegeheime zu wenig Personal haben. Der Arbeitsmarkt gibt das in den Heimen benötigte Pflegepersonal im Moment gar nicht her.“

Dies wird auch in dem Bericht deutlich, den das Kreissozialamt den Ausschussmitgliedern vorgelegt hatte. „Die Heimaufsicht hat aktuell mit fünf Betreibern abgesprochen, dass diese nur dann neue Bewohner aufnehmen, wenn sie genügend Personal zur Verfügung haben. In einem weiteren Fall hat der Rhein-Kreis Neuss einen Aufnahmestopp erlassen“, heißt es in dem Bericht. Deshalb stünden die 200 vorhandenen Pflegeplätze für die Versorgung der Bevölkerung nicht zur Verfügung.

Mit Blick auf Kommunen im Kreis, die weitere Pflegeeinrichtungen genehmigen wollen, sagte Dirk Brügge: „Das Wachstum neuer stationärer Pflegeplätze muss parallel mit der sich langsam und stetig verlaufenden Zunahme des Bedarfs der Bevölkerung erfolgen und sollte mit den am Arbeitsmarkt verfügbaren Personalressourcen möglichst im Einklang stehen.“

Der Kreis habe kein Interesse daran, alte Menschen aus ihrem sozialen Umfeld herauszureißen und zum Umzug in eine andere Kommune zu bewegen.

Zum Hintergrund: In den letzten Jahren ist die Zahl der stationären Pflegeplätze im Rhein-Kreis Neuss enorm gestiegen. Ende 2011 gab es im Kreis noch 3 287 Plätze; fünf Jahre später waren es bereits 4 000. Dazu Kreisdirektor Dirk Brügge: „Wir haben bereits vor Jahren davor gewarnt, dass mit einer Zunahme der Kapazitäten flächendeckend mit einem Qualitätseinbruch in der Pflege gerecht werden muss. Der Kreis spreche sich vor diesem Hintergrund gegen eine sprunghafte Zunahme zusätzlicher Plätze aus, denn, so Brügge: „Alleine der Kreis ist es, der nachher die Fehler als Heimaufsicht ausbügeln muss.“

Einig waren sich die Kreispolitiker darüber, dass nicht nur bei der Lang-zeitpflege, sondern auch bei der Kurzzeitpflege ein dezentrales Konzept verfolgt werden solle. „Wir wollen auch in Zukunft Kurzzeitpflege flächendeckend anbieten“, so der Konsens. Zum Hintergrund: In der Stadt Neuss gibt es Überlegungen, ein Kurzzeitpflegehaus mit bis zu 80 Plätzen entstehen zu lassen.

„Solch eine große Einrichtung ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll“, fasste Sozialdezernent Dirk Brügge zusammen. „In einem bereits erfolgten Austausch ist vereinbart worden, dass es vertiefende Gespräche mit der Neusser Sozialverwaltung zu dieser Frage geben soll.“ Er wies darauf hin, dass der Kreis zwar ein dezentrales Konzept verfolge und dazu der Kontakt mit den Kommunen wichtig sei. „Wir hören uns gerne die Vorstellungen der Städte und Gemeinden an, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten“, sagte Brügge. Darüber hinaus befinde sich die Heimaufsicht des Kreises im engen Gespräch mit den Pflegeeinrichtungen, um reine Kurzzeitpflege flächendeckend anbieten zu können. Dazu berichtet Marcus Mertens, Leiter der Heimaufsicht: „Drei Pflegeeinrichtungen haben bereits positive Rückmeldungen gegeben, so dass dort hoffentlich in Zukunft neben der Dauerpflege auch solitäre Kurzzeitpflege entstehen kann.“

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