Estbraq Alzobaei beginnt eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld. Gemeinsam mit ihrem Ehemann kommt Estbraq Alzobaei nach ihrer Flucht aus dem Irak im Januar 2016 in Deutschland an. Das Ehepaar lebt zunächst einen Monat in der Flüchtlingsunterkunft Via Stenden in Kerken, dann kommt es in die Traglufthalle nach Krefeld-Traar. „Das Leben in der Halle war schrecklich“, erinnert sich die 23-jährige Alzobaei ungern an diese Unterkunft. Über das von Ehrenamtlichen organisierte Begegnungscafé im gegenüberliegenden Pfarrheim lernte sie jedoch zwei Helfer kennen, die sie zukünftig sehr unterstützten. Sie nahm an den ebenfalls im Pfarrheim stattfinden Sprachvermittlungskursen teil und kann im Juni 2017 die Prüfung für das A2-Sprachniveau ablegen. Nach neun Monaten in der Traglufthalle bezog sie endlich mit ihrem Ehemann eine Wohnung in Krefeld-Fischeln. „Zuhause habe ich dann mit Unterstützung meiner Paten weiter Deutsch gelernt für das B1Niveau“, berichtet die junge Frau.

Estbraq Alzobaei wollte unbedingt ihr Abitur machen, da sie im Irak die entsprechende Prüfung für die Allgemeine Hochschulreife nicht mehr abgelegt hat. Ihre Traarer „Paten“ rieten ihr jedoch, ihre Deutschkenntnisse weiter auszubauen und zunächst eine Ausbildung anzustreben. „Geflüchtete, die noch keinen Aufenthaltsstatus haben, stellen sich auf jeden Fall besser, zunächst eine Ausbildung zu absolvieren“, weiß auch Karl Heussen, Sprecher des Hülser Koordinierungskreises für Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe, „denn hier greift die sogenannte ‚3+2-Regel‘“. Laut Integrationsgesetz gilt die Duldung einer Person für die Gesamtdauer der Ausbildung. Bei einer anschließenden ausbildungsgerechten Beschäftigung wird ein Aufenthaltsrecht für weitere zwei Jahre erteilt.

Damit Ehrenamtler in der Flüchtlingshilfe über ein entsprechendes Wissen verfügen, sorgt die städtische Flüchtlingskoordination bei Bedarf für entsprechende Fortbildungen. „Wir verstehen uns außerdem als Servicestelle für die vielen ehrenamtlich Engagierten und helfen, wo wir können“, sagt Flüchtlingskoordinatorin Doris Schlimnat. In ihrem Büro an der St.-Anton-Straße steht sie mit ihrem Team für Fragen zur Verfügung, vermittelt innerhalb der Verwaltung und zu Organisationen und hilft bei der Vernetzung der Aktiven untereinander. So können diese ihre Erfahrungen austauschen und gute Beispiele weiter verbreiten. Im „Pool“ der Ehrenamtler teilt Christian Kautz beispielsweise sein Expertenwissen als ehemaliger Mitarbeiter der Arbeitsagentur gerne mit anderen Freiwilligen. „Eine intensive Begleitung der Geflüchteten ist nicht nur in der Bewerbungsphase wichtig, sondern während der gesamten Ausbildungszeit. Und auch die jeweiligen Betriebe benötigen einen Ansprechpartner“, weiß er.

Mit Hilfe der Vermittlung durch ihre Paten begann Estbraq Alzobaei im Sommer 2017 eine Ausbildung im medizinischen Bereich. Sie scheiterte schnell an den Anforderungen der Berufsschule. „Es war einfach zu schwierig. Ich hatte das Gefühl, dass meine Sprachkenntnisse nicht ausreichen“, sagt sie und fährt weiter energisch fort: „Nach der Kündigung habe ich jedoch schnell gemerkt, dass es nicht geht, ohne irgendetwas zu machen“. Die zielstrebige Irakerin arbeitet weiter an ihren Sprachkenntnissen und absolviert verschiedene Praktika, zuletzt ein dreimonatiges Praktikum in einer Zahnarztpraxis. Im August begann sie hier nun auch eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten. „Ich habe einen sehr netten Chef, der mich immer ermutigt zu fragen, wenn ich etwas nicht verstehe“, berichtet Estbraq Alzobaei strahlend. Dieses Mal ist sie fest entschlossen, die Berufsschule zu schaffen. Zumal sie auch hierbei auf die Hilfe ihrer ehrenamtlichen Betreuer zählen kann, denn der Kontakt besteht weiterhin.

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