Jutta Kruft-Lohrengel, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Essen (r.) mit Dr. Gerald Püchel, Hauptgeschäftsführer der IHK (Foto: IHK)
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Mülheim/Essen/Oberhausen. Zahl der Ausbildungsverträge leicht gestiegen

Die Stimmung der Wirtschaft in Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen ist so gut wie nie: „Mehr als 55 Prozent der befragten Unternehmen beurteilen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage mit gut. Das ist ein absoluter Spitzenwert: Seit Erhebungsbeginn vor 50 Jahren hat es noch nie so viele ‚Gut-Antworten‘ gegeben“, fasst Jutta Kruft-Lohrengel, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Essen (IHK), die Ergebnisse einer aktuellen Online-Umfrage unter den Unternehmen der MEO-Region bei der IHK-Jahrespressekonferenz zusammen.

Knapp 40 Prozent der Betriebe bewerten ihre Lage immerhin mit befriedigend. Nur fünf Prozent beklagen ihre Situation. Ein Viertel geht sogar davon aus, dass sich die Lage in den kommenden 12 Monaten verbessern wird. Dass sich die Situation verschlechtern wird, glauben gerade einmal sieben Prozent der Teilnehmer – ein Anstieg um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Das Ergebnis ist für uns ein deutliches Zeichen, dass sich die Wirtschaft in der MEO-Region optimistisch und stabil präsentiert. Der Konjunkturklimaindex – also der Durchschnitt aus Lagebeurteilung und Aussichten – erreicht mit gut 133 Punkten nahezu einen Rekordwert“, erklärt Kruft-Lohrengel. Die Wirtschaft in der MEO-Region zeigt sich auf einem neuen Niveau und trotzt politischen Neustrukturierungen und Unsicherheiten auf den internationalen Märkten. Trotzdem verbleiben nicht unerhebliche Risiken: „Die spürbarste Problematik und Wachstumsbremse zugleich ist der immer größer werdende Fachkräftemangel – gut jedes zweite Unternehmen meldet inzwischen Personalengpässe. Darüber hinaus sind insbesondere die exportorientierten Unternehmen stark besorgt und verunsichert wegen eines drohenden ‚Handelskrieges‘“, so Kruft-Lohrengel.

Positive Neuigkeiten gibt es auch vom Ausbildungsmarkt: Ende Juni waren 1.962 Verträge registriert – das bedeutet einen moderaten Anstieg um 2,5 Prozent zum Vorjahreszeitpunkt. „Bislang sind etwas mehr als die Hälfte der üblicherweise eingehenden Verträge registriert. Deshalb verbieten sich allzu optimistische Prognosen. Dennoch ist diese Zwischenbilanz erfreulich,“ bilanziert die Präsidentin.

Wie steht es um die Ausbildungsbereitschaft der MEO-Betriebe? Ein Drittel der Unternehmen bildet in 2018 aus und hat bereits alle Plätze besetzt. Gleichzeitig suchen noch etwa 22 Prozent der Unternehmen junge Nachwuchskräfte. Der Ausbildungswille der Unternehmen ist also ungebrochen, aber die Suche nach geeigneten Auszubildenden wird schwieriger.

Dabei verlassen sich die Unternehmen längst nicht mehr auf althergebrachte Rekrutierungswege und Zielgruppen: 95 Prozent der befragten Unternehmen haben auch Studienabbrecher für eine Ausbildung im Visier, 93 Prozent interessieren sich für „Quereinsteiger“, also Personen, die bereits eine andere Ausbildung absolviert haben. Auch geflüchtete Menschen rücken ins Blickfeld: 83 Prozent der Befragten sehen hier Potenzial für die Ausbildung. Dabei sind aber gute deutsche Sprachkenntnisse für den Großteil Voraussetzung. Auch Menschen mit Behinderung können sich drei Viertel der Unternehmen als Azubis vorstellen. Ebenso sind die „Exoten“ – also Azubis im Alter 30 plus – für 75 Prozent eine interessante Zielgruppe. Eine Ausbildung in dem Alter ist demnach längst nicht mehr so ungewöhnlich wie einst.

Dr. Gerald Püchel, Hauptgeschäftsführer der IHK, spricht das Thema Luftreinhaltung – und damit auch drohende Dieselfahrverbote – an: In allen drei Städten der MEO-Region gibt es noch Stickoxid-Überschreitungen. „Nun wird man über Maßnahmen reden müssen, wie die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden können. Aus unserer Sicht zählt dazu vor allem eine Förderung des ÖPNV. Und damit meinen wir explizit nicht den kostenfreien ÖPNV. Es ist ja nicht so, dass heute Busse und Bahnen leer durch die Gegend fahren. Zu den Stoßzeiten sind die Kapazitäten mehr als ausgelastet.“

Vielmehr müssten Infrastruktur und Qualität im Fokus stehen, also Pünktlichkeit, Taktdichte oder Komfort. Die Infrastruktur sei vielfach in die Jahre gekommen. Hier müsse deutlich investiert werden. Dabei sieht Püchel nicht nur die Kommunen, sondern auch Bund und Land in der Pflicht. Zudem betont der Hauptgeschäftsführer die Bedeutung von sogenannten Mobilitätsstationen: Orte, an denen der Umstieg möglich ist auf das Rad, das Car-Sharing-Fahrzeug oder den ÖPNV.

Weiteres wichtiges Verkehrsthema ist die Diskussion über die A52. „Von Vielen wird sie mit Hingabe totgeschrieben“ erklärt Dr. Püchel und verweist auf Folgendes: Die A52 wird von Norden und von Süden in Richtung Essen ausgebaut. Gleiches gilt für die A40 von Duisburg aus. In Richtung Bochum ist der Ausbau bereits abgeschlossen. „Dann braucht es keine Kenntnisse der komplexen Verkehrssimulation, um zu erkennen, dass der Verkehr immer stärker auf Essen zulaufen und dann zum Stehen kommen wird.“ Fließender Verkehr wirke sich eindeutig positiver auf die Reduzierung von Stickoxiden aus als Stau.

„Die Planungen selbst sind schon weit gediehen. Wenn man diese nun weitertreibt, könnte man – wenn es um die Fortschreibung des BVWP geht – einen fertigen Plan aus der Schublade zaubern“, so Dr. Püchel. Voraussetzung dafür sei, dass die Politik Mut zeigt und sich für dieses Projekt ausspricht.

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