Wolfgang Krause, Geschäftsführer der AWO-Duisburg (Foto: Bettina Engel-Albustin / fotoagentur ruhr moers)
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Duisburg. Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit schließen sich nicht aus – sie bedingen einander

Am kommenden Freitag feiert Wolfgang Krause, Geschäftsführer der AWO-Duisburg, ein besonderes Jubiläum: Seit 40 Jahren ist er ein AWO-Mann.

1977 begann er beim Kreisverband Duisburg als Zivildienstleiter in der AWO-Familienbildung. Seit 34 Jahren führt der 65-Jährige als Geschäftsführer die Duisburger AWO. Nächstes Jahr geht er in den Ruhestand.

Der Verein hat inzwischen 3.000 Mitglieder. 700 Ehrenamtliche engagieren sich für die Menschen in unserer Stadt. Für das Unternehmen AWO arbeiten mehr als 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

„Für die Arbeiterwohlfahrt arbeiten zu können, ist erfüllend. Wir setzen uns für die Menschen ein und versuchen, ihre Lebenswelt und ihre Lebenschancen zu verbessern. Das gibt ein gutes Gefühl und wird nie langweilig oder zur Routine“, sagt der AWO-Geschäftsführer.

In den 40 Jahren hat sich gesellschaftlich viel verändert. 1977 begann die lange Periode der Arbeitslosigkeit. Es war die Zeit gesellschaftspolitischer Veränderungen. In der Sozialpolitik spielte die Verbesserung der Lage von Menschen, die in unserer Gesellschaft nicht mithalten konnten, eine große Rolle.

Heute wird alles eher unter dem fiskalischen Aspekt betrachtet. Die Frage, wie Sozialpolitik einem Menschen helfen kann, wird nicht mehr ernsthaft gestellt.

Als Wolfgang Krause zur AWO kam, hatte diese ca. 70 Mitarbeiter. Als er 1983 Geschäftsführer wurde, waren es 160. Das war eine Folge der damals von der Bundesregierung aufgelegten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. In dieser Zeit entstanden viele Projekte, von denen zum Beispiel die Schuldnerberatung immer noch existiert. Und leider immer noch notwendig ist bzw. immer wichtiger wird.

Die Einführung der Pflegeversicherung vor über 20 Jahren führte zu einer großen Veränderung. Bis dahin hatten die sechs Wohlfahrtsverbände (AWO, Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Paritäten und Jüdische Wohlfahrtspflege) alle Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge übernommen.

Plötzlich kam politisch gewollt private Konkurrenz auf den Markt und die Verbände mussten sich den Gegebenheiten der Marktwirtschaft anpassen.

Der AWO-Duisburg ist dieses gut gelungen, ohne das ursprüngliche Ziel aus den Augen zu verlieren: den Menschen eine Hilfe zu sein.

Vom Babyschwimmen bis zur Sterbebegleitung. Die AWO-Duisburg deckt mit ihren Arbeitsfeldern das ganze Spektrum des menschlichen Lebens ab.

Der Verband ist inzwischen ein mittelständisches Unternehmen, führt fünf Seniorenzentren in der Stadt, betreibt die Seniorenwohnanlagen AWO-Kranichhof und AWO-Arkadenhof. Der AWO-Bauspielplatz in Neumühl sowie der AWO-Ingenhammshof gehören ebenfalls zum Verband sowie umfangreiche Beratungs- und Hilfsangebote für Jugendliche und Migranten. In diesem Bereich arbeitet die AWO-Duisburg führend. Die langjährige Arbeit mit Migranten und die multikulturellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglichten eine schnelle und intensive Hilfe bei der Ankunft der geflüchteten Menschen in unserer Stadt.

„Als ich Zivildienstleistender in der Familienbildungsstätte, damals noch auf der Siegstraße, war, sprach man von der „Mütterschule“. Inzwischen bietet die AWO „Familienbildung“ in modernen Räumen im AWO-Kranichhof in Wanheimerort in 250 Kursen, Seminaren und Workshops für Menschen von 0 bis 99 Jahren an“, so Krause.

Wie ist Wolfgang Krause zur AWO gekommen? Der damalige Vorsitzende Hans-Walter Schuster hat ihn nach der Banklehre und dem Wirtschaftsstudium 1977 zur AWO geholt. Mitglied war er schon mehrere Jahre. Zur damaligen Zeit war es für ein SPD-Mitglied selbstverständlich, auch AWO-Mitglied zu werden.

„Nach meiner Zeit als Zivildienstleistender habe ich die Leitung der Familienbildung übernommen und 1983 die Geschäftsführung der Duisburger AWO“, erinnert sich Wolfgang Krause. Zunächst unter Hans-Walter Schuster als Vorsitzenden, dann folgte bis 1995 Ernst Wessels und inzwischen führt Manfred Dietrich den Vorstand.

„Wir arbeiten gut zusammen und ich empfinde das Vertrauen des Vorstandes als wohltuend und anspornend“, beschreibt er das Zusammenspiel zwischen dem hauptamtlichen Geschäftsführer und dem ehrenamtlichen Vorstand.

Als Meilensteine in seiner Dienstzeit nennt er:

Den Aufbau eines funktionierenden Systems der Jugendberufshilfe Anfang 1980 zusammen mit der Stadt Duisburg und den anderen Wohlfahrtsverbänden. Mehrere tausend Jugendliche wurden aufs Berufsleben vorbereitet oder konnten bei der AWO eine Ausbildung machen.

Den Bau unseres ersten Seniorenzentrums in Duissern 1995. Damals mussten wir gegen Doppelzimmer und für Einzelzimmer kämpfen. Die Aufsichtsbehörden wollten nicht so viele Einzelzimmer. Heute zeigt sich, dass die damalige Entscheidung für Einzelzimmer zukunftsweisend war.

Den Bau von barrierefreien seniorengerechten Wohnungen. Als sich keiner an diese Aufgabe herantraute, war es die AWO-Duisburg, die sich in dieses für sie neue Arbeitsfeld begab. Und mit dem Arkadenhof und dem Kranichhof wichtige Einrichtungen schuf.

Vorausschauend denken und dann auch handeln zeichnet seine Arbeit aus.

Ein weiterer Meilenstein ist die Ausgliederung einzelner Aufgabenfelder in eigene gemeinnützige Gesellschaften. Das war 2004.

Wenig später geriet aufgrund einer verlorenen Ausschreibung die Jugendberufshilfe in die Insolvenz.

Ein harter Schlag für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die jungen Leute, denen die AWO bis dahin einen Einstieg ins Arbeitsleben verschaffen konnten.

Der Geschäftsführer betont, dass für ihn eine gesunde Finanzlage von großer Bedeutung ist. Wolfgang Krause: „Sozial und wirtschaftlich zu handeln, das schließt sich für mich nicht aus. Es bedingt einander. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass sie sichere Arbeitsplätze haben. Zugleich sind wir keinen Aktionären verantwortlich, sondern können dank unserer Möglichkeiten in unsere Arbeit für die Menschen investieren.“ Und das tun wir auch intensiv, wie der Jahresumsatz von 42 Millionen Euro belegt.

So konnte die AWO schnell eine Stelle für ehrenamtliche Geflüchteten-Betreuung einrichten, als es darauf ankam. Aus eigenen Geldern und ohne Anträge stellen zu müssen.

Als Geschäftsführer eines Wohlfahrtsverbandes mit einer starken Mitgliederbasis gehe es niemals nur um Bilanzen und Erträge. „Wir haben 3.000 Mitglieder. 700 Frauen und Männer engagieren sich ehrenamtlich für uns. Ich bin besonders stolz, wenn ich miterleben kann, wie sich Ehrenamt und Hauptamt ergänzen und miteinander für ein starkes Duisburg arbeiten.“

Die AWO von heute ist mit dem Verband aus dem Jahr 1977 nur sehr bedingt zu vergleichen. „Eins aber ist gleich geblieben: Wir orientieren uns an unseren Werten: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Nachbarschaftshilfe, Hilfe zur Selbsthilfe, Toleranz und der Einsatz für Gerechtigkeit und Teilhabe, das hat uns schon immer ausgemacht und das tut es bis heute“, erklärt Krause.

Als am 1. Dezember vor 40 Jahren sein erster Arbeitstag in der Mütterschule begann, habe er nicht daran gedacht, dass er seinen Arbeitgeber fürs Leben gefunden habe, so Krause und fügt dann hinzu: „In gewisser Weise hatte ich einfach Glück.“

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