In der Gebäudereinigung machen Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus (Foto: IG BAU)
Anzeige

Duisburg/Krefeld/Kreis Wesel. Immer mehr unsichere Jobs: Rund 75.700 Menschen im Kreis Wesel, 75.600 Duisburger und 38.700 Menschen in Krefeld arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. Damit ist der Anteil der so genannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 46 Prozent im Kreis Wesel, 39 Prozent in Duisburg und 38 Prozent in Krefeld gestiegen. Das kritisiert die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs noch bei 34 Prozent im Kreis Wesel (29 Prozent in Duisburg und 28 Prozent in Krefeld).

Die IG BAU-Bezirkschefinnen Karina Pfau (Bezirksverband Duisburg-Niederrhein) und Doris Jetten sprechen (Bezirksverband Düsseldorf mit Krefeld) von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagen Pfau und Jetten. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordern die IG BAU Duisburg-Niederrhein und die IG BAU Düsseldorf.

Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 18.300 Erwerbstätige im Kreis Wesel in Teilzeit, waren es 2016 mit 37.200 gut doppelt so viele. Stärker waren diese Entwicklungen in Duisburg (2003 etwa 22.600 Erwerbstätige in Teilzeit, 2016 bereits rund 38.200) und Krefeld (2003 noch etwa 12.700 Erwerbstätige in Teilzeit, 2016 bereits rund 21.400), jeweils ein Anstieg von 69 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, sind Karina Pfau und Doris Jetten überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.

Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 35.500 Menschen im Kreis Wesel (2003: 29.400), 27.500 Menschen in Duisburg (2003: 26.900) und 14.300 Menschen in Krefeld (2003: 13.700) waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt. In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichten die Gewerkschafterinnen. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordern die IG BAU Duisburg-Niederrhein und die IG BAU Düsseldorf von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betonen Pfau und Jetten. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.

„Auf dem heimischen Arbeitsmarkt ist einiges in Schieflage geraten“: Karina Pfau, Bezirksvorsitzende der IG BAU Duisburg-Niederrhein, beanstandet die Zunahme prekärer Jobs (Foto: IG BAU)
Beitrag drucken
Anzeigen