Sie arbeiten gemeinsam an dem Schutzkonzept (v.l.): Heike Gellings, Pfarrer Günter Hoebertz, Pastoralreferentin Gertrud Sivalingam, Gianna Risthaus, Anne Kersjes, Johannes Lemken und Susanne Heinrichs (Foto: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer)
Anzeigen

Sonsbeck. In vielen Lebensbereichen, vom Kindergarten über die Messdienerarbeit bis zum Jugendtreff, kommen Mitarbeitende in Pfarreien mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt. Daher hat die Präventionsarbeit für das Bistum Münster in seinen Pfarreien und anderen Einrichtungen eine besondere Priorität, dazu gibt es regionale Präventionsfachkräfte, die zum Beispiel den Pfarreien unterstützend zur Seite stehen. Das Ziel ist ein Schutzkonzept, bei dessen Umsetzung unter anderem als Haupt- und Ehrenamtlichen in Präventionsschulungen sensibilisiert werden.

Für den Niederrhein ist Gianna Risthaus als regionale Präventionsfachkraft zuständig. „In den Pfarreien wird ein sogenanntes Institutionelles Schutzkonzept (ISK) erarbeitet“, erklärt sie. „Es geht darum, Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt und grenzverletzenden Verhaltens zu bündeln.“ So werden etwa gemeinsam Regeln zum Umgang miteinander beschlossen. „Das bietet den Mitarbeitenden Orientierung und Handlungssicherheit in der täglichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und sendet zugleich ein deutliches Signal an potentielle Täterinnen und Täter“, erläutert Risthaus.

Zu den ersten Pfarreien, die derzeit ein ISK erarbeiten, gehört St. Maria Magdalena in Sonsbeck. Seit Ende des vergangenen Jahres trifft sich Pfarrer Günter Hoebertz regelmäßig mit einem Team, um den Ist-Zustand festzustellen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Einen konkreten Anlass, sich nun um Themen wie sexualisierte Gewalt und grenzverletzendes Verhalten zu kümmern, gebe es in der Pfarrei nicht, betont Hoebertz. „Wir möchten für die Zukunft aufgestellt sein, und das gehört einfach dazu“, ist er sich sicher. „Mit dem ISK wollen wir zeigen, dass wir das Wohl der Kinder im Blick haben und es möglichen Tätern innerhalb und außerhalb der Kirche schwer machen. Es geht nicht darum, unsere haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter unter Generalverdacht zu stellen, sondern darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Kinder und Jugendliche wohlfühlen können.“

So gab es Gespräche mit den Beschäftigten der drei Kindergärten, die Erfahrungen und Wünsche der Eltern wurden mit einem Fragebogen erfasst. Auch die Kinder selbst kamen zu Wort und durften mit Klebepunkten Stellen markieren, an denen sie sich unwohl fühlen. „Die Ergebnisse waren teils überraschend“, erläutert Hoebertz, „als unangenehm empfunden wurde zum Beispiel eine Werkbank, weil es dort oft laut ist.“ Das habe zwar nichts mit sexualisierter Gewalt zu tun, „doch so haben wir herausgefunden, was wir ändern können, damit sich die Kinder wohler fühlen. Die Arbeit an dem ISK wirkt sich so ganz praktisch auch in anderen Bereichen aus“, erklärt der Pfarrer. Die Erzieherinnen seien deutlich aufmerksamer geworden, wie sich die Kinder verhalten, sowohl Erwachsenen gegenüber als auch untereinander.

Erste Gespräche hat es zudem schon mit ehrenamtlichen Leitern von Jugendgruppen gegeben, unter ihnen auch die Messdienerleiter. „Wir haben deutlich gemacht, wie wichtig uns das Thema ist“, bekräftigt Hoebertz. Das Thema Missbrauch werde schon jetzt selbstverständlich in Vorstellungsgesprächen angesprochen, „das läuft ohne Schwierigkeiten“. Insgesamt laufe der ganze Prozess „sehr unspektakulär“ ab, sagt Hoebertz. Und er macht den Eindruck, darüber zufrieden zu sein. Die Arbeit am ISK sei zwar sehr intensiv, die Beschäftigung mit Themen wie sexualisierte Gewalt aber nur „scheinbar heikel“. Die Erfahrung zeige, sagt der Pfarrer, dass dem nicht so sei. „Wir haben noch keine negativen Rückmeldungen bekommen, stattdessen zeigt sich, dass die Menschen in der Pfarrei sensibilisiert werden. So wird es möglichen Tätern schwer gemacht.“

Wenn das ISK in Sonsbeck steht – bis zum Ende des Jahres soll es soweit sein – wird es nicht in einem Aktenordner verschwinden. „Das ist ein Prozess, der nun angestoßen wurde und der regelmäßig fortgeschrieben wird“, sagt Hoebertz. „Wir bleiben im Gespräch.“

 

Beitrag drucken
Anzeige