Die Teilnehmenden des Erste-Hilfe-Kurses bei den Maltesern in Moers haben nicht nur viel gelernt, sondern auch viel Spaß gehabt (Foto: LVR)
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Moers. Mit Musik geht alles besser. Davon ist Patrick Weggen überzeugt. Schließlich legt der 31-Jährige in seiner Freizeit als „DJ Patty aus New York City“ Platten in einer Disco auf. Und an diesem Morgen hilft sein Rhythmusgefühl ganz besonders. Er muss nur „Staying alive“ von den Bee Gees summen und schon ist er im Takt. Bei einer Herz-Lungen-Massage. 30 Mal schnell hintereinander auf eine bestimmte Stelle im Brustbereich der Demonstrationspuppe vor ihm drücken, dann zwei Mal beatmen, durch Mund oder Nase, dabei das Überstrecken des Kopfes nicht vergessen, dann wieder 30 Mal im Rhythmus drücken. „Und zwar so lange, bis der Doktor kommt“, sagt Nicole Reulen. Sie ist Ausbildungsleiterin bei den Maltesern in Moers und bietet einen Erste-Hilfe-Kurs an, der (noch) nicht alltäglich ist. Es ist einer für Menschen mit Behinderung. Lucia Riedel, Mitarbeiterin des LVR-HPH-Netzes Niederrhein, war im Pfarrbrief einer Kamp-Lintforter Kirchengemeinde auf einen Artikel über dieses besondere Angebot der Malteser gestoßen: „Das ist etwas für diejenigen, die bei uns im Ambulant Betreuten Wohnen leben.“ Die Resonanz war groß und die Anmeldeliste schnell gut gefüllt. „Etwas über Erste Hilfe zu wissen, ist nicht verkehrt“, sagt Patrick Weggen. „Es kann überall etwas passieren, da kann ich das gut gebrauchen.“ Er denkt dabei gar nicht so sehr an Verkehrsunfälle, sondern daran, dass er sich in seiner Wohnung verletzen könnte. „Und dann weiß ich, was zu tun ist.“ Wer die richtigen Handgriffe kennt, bleibt auch in Extremsituationen noch so gefasst, um die richtigen Dinge zu tun. Davon ist Anke Zakrezewski fest überzeugt. Weil sie erlebt hat, wie nervös sie war, und wie hilflos, als ihr Mann zuhause zusammengebrochen war. „Ich habe es kaum geschafft, den Notruf zu wählen.“

Herz-Lungen-Massage, Druck- und andere Verbände anlegen, den Erste-Hilfe-Kasten kennen lernen, dass mit einem Dreieckstuch sogar mit Unterstützung eines zweiten Helfers ein Mensch getragen werden kann und Gelbeutel auf gar keinen Fall ins Eisfach gehören, sind nur einige der Dinge, die die Gruppe von Nicole Reulen erfährt.

Sie weiß nicht nur genau, worüber sie spricht, sie bringt die vielen Infos auch so rüber, dass es Spaß macht, ihr zuzuhören. Das Programm dieser Kurse sei auf Menschen mit allen nur denkbaren Einschränkungen zugeschnitten. Auf jeden einzelnen eingehen, ist die Devise. Ein Teilnehmer kann sich nicht auf den Boden neben die Demonstrationspuppe knien. Kein Problem, dann wird eben auf dem Tisch reanimiert. „Wenig Theorie, viel Anpacken und Tun“, fasst Nicole Reulen die Idee hinter dem Kurs zusammen. Und die schwierigen Aktionen wie Herz-Lungen-Massage gebe es zu Anfang, das, was jeder könne wie Pflaster aufkleben, am Ende, wenn die Teilnehmenden nicht mehr so aufnahmefähig seien.

Aber jetzt ist keine Zeit mehr, um zu plaudern. „Der nächste Freiwillige bitte“, sagt Nicole Reulen und zeigt auf die Demonstrationspuppe am Boden. Halt, vorher muss noch die Gesichtsmaske gewechselt werden. Weil’s hygienischer ist, schließlich geht’s um Mund-zu-Mund-Beatmung. Die Masken werden nach Gebrauch gewechselt und gewaschen, in einer Spezialwaschmaschine, „da überleben garantiert keine Bakterien“. Also los, schon kommt der nächste Ersthelfer und packt mit an. Das läuft noch nicht ganz so gut. Aber, so die Fachfrau: „Hauptsache, du tust was. Es ist nicht schlimm, wenn nicht alles ganz richtig ist.“

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