Nedzmije Ljika (links) bedient mit der rechten Hand den speziell für sie gebauten Schalter, unterstützt wird sie bei der Arbeit von Sandra Langner – rechts: Volker Nißing arbeitet seit 15 Jahren bei den CWWN-Werkstätten in Moers (Foto: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer)
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Moers. Nedzmije Ljika strahlt über das ganze Gesicht. Geduldig wartet sie, bis die Helferin Sandra Langner neben ihr einen Plastikbeutel in das Folienschweißgerät legt, dann löst sie das Gerät aus und die Tüte wird fest verschlossen. Ljika ist zwar mehrfach behindert, sie sitzt im Rollstuhl und kann die Hände kaum bewegen, in den Caritas Wohn- und Werkstätten Niederrhein (CWWN) in Moers hat sie dennoch eine Beschäftigung gefunden. Das Signal zum Verschweißen der Tüten wird über einen Schaumstoffgriff in ihrer Hand gegeben, der speziell für sie angefertigt wurde.

Volker Nißing steht neben dem Rollstuhl. Er wirkt zufrieden. Schließlich ist der Schalter, den Ljika bedient, ein Produkt aus seiner Erfinderwerkstatt. Man könnte Nißing den Daniel Düsentrieb der CWWN nennen, doch er winkt lachend ab. „Ich bin Werkzeugmacher“, sagt er dann, „bei den CWWN bin ich für alle Werkstätten zuständig, die meine Hilfe brauchen.“ Sein Fachgebiet ist der Vorrichtungsbau – dort werden technische Hilfsmittel gefertigt, die sicherstellen, dass ein Arbeitsprozess fehlerfrei durchgeführt werden kann. Das fängt an bei der einfachen Tafel, auf der Schrauben sortiert werden können und reicht bis zu dem Schalter aus Metallfedern und Schaumgummi, wie er von Ljika im Arbeitsbereich verwendet wird.

„Meistens geht es so los, dass ein Mitarbeiter kommt und sagt, dass er meine Hilfe braucht“, erzählt Nißing. Er sieht sich das Problem an und tüftelt dann an einer Lösung. Grübeln gehört dazu, mal eine Pause zu machen, Denkblockaden zu überwinden – nach ein bis zwei Tagen hat er dann meist eine konkrete Vorstellung, je nach Schwierigkeitsgrad dauert es dann noch ein paar weitere Tage, bis die fertige Arbeitshilfe auf seiner Werkbank liegt. „Ich erfinde wie am Fließband“, sagt Nißing grinsend.

Seit er vor 15 Jahren seinen Dienst bei den CWWN angefangen hat, habe sich in seinem Arbeitsbereich viel verändert. Insbesondere der dreidimensionale Druck (3D-Druck) sei eine echte Revolution in der Technik gewesen. Wo er früher mühsam per Hand sägen und fräsen musste, um dann Abdrücke zu gießen, setzt er sich heute an die Tastatur seines Computers. Mit speziellen Programmen kann er exakte Vorlagen zeichnen, die von dem 3D-Drucker wie von Geisterhand fertiggestellt werden. „Als ich so ein Gerät das erste Mal sah, dachte ich: ,Das wäre ja nicht schlecht, wenn wir so einen Drucker bekommen‘“, erinnert sich Nißing. Mittlerweile steht ein Drucker der nächsten Generation in der Werkstatt, der mit einem Laser arbeitet und sogar flexible Stücke anfertigen kann. „Das ist eine wichtige Ergänzung für mein Handwerk“, sagt Nißing.

Sollte der Schalter, den er für Ljika erfunden und gebaut hat, kaputt gehen, kann Nißing die entsprechende Datei am Computer aufrufen und die benötigten Teile erneut drucken und zusammenbauen. Das ist allerdings die Ausnahme, meist gibt es für die Erfindungen aus dem Vorrichtungsbau nach erledigtem Auftrag keine Verwendung mehr. „Das sind Individuallösungen, die selten ein zweites Mal zu gebrauchen sind“, sagt Nißing und zuckt mit den Schultern. Für ihn heißt das, bei jedem neuen Auftrag wieder zu tüfteln, zu probieren und schließlich eine Lösung zu finden. Ein Erfinder wie am Fließband eben.

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