Geschichte mit dem Fahrrad erleben: Wo vor 100 Jahren noch Züge fuhren, ist nun entlang der ehemaligen Bahntrasse ein moderner Fahrradweg entstanden (Foto: privat)
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Sonsbeck/Xanten. Freie Fahrt und durchstarten – das galt vor über 100 Jahren für die Schnellzüge einer deutsch-niederländischen Eisenbahngesellschaft. Und das gilt ab jetzt für die vielen niederrheinischen Fahrradfahrer und Fahrradtouristen: Gemeinsam eröffneten die Bürgermeister der Gemeinden Uedem, Sonsbeck und Xanten vergangenen Freitag den ersten und zweiten der insgesamt fünf Bauabschnitte des Radwegs „Boxteler Bahn“, der in seinem Endausbau Uedem und Xanten verbinden soll. Die nun errichteten Teilstücke zwischen Marienbaumer Straße in Sonsbeck und Trajanring in Xanten haben eine Länge von ca. 4,5 Kilometern.

Nachdem die Gemeinde Uedem den auf ihrem Gemeindegebiet liegenden fünften Abschnitt bereits 2015 fertiggestellt hatte, investierten Sonsbeck und Xanten in den letzten beiden Jahren nun ihrerseits rund 2 Mio. Euro in die Abschnitte 1 und 2. Mitfinanziert wurde die Baumaßnahme zu 75 Prozent durch Fördermittel des Bundes und des Landes NRW. Den Abschnitt 3 von der Marienbaumer Straße bis zur Gemeindegrenze Sonsbeck/ Uedem wird die Gemeinde Sonsbeck bis zum Frühjahr 2018 errichten.

 

Interkommunales Projekt

Die Idee des interkommunalen Projekts wuchs schon im Jahre 2009 als die Gemeinde Uedem die Errichtung eines Radweges zwischen Uedem und Uedemer Bruch überlegte. Zeitgleich standen der Stadt Xanten noch Mittel aus der Baumaßnahme „Alleenradweg Xanten-Marienbaum“ zur Verfügung. 2011 beschlossen die beiden Kommunen dann gemeinsam mit Sonsbeck, mittelfristig einen Fahrradweg entlang der ehemaligen Boxteler Bahn zu bauen.

„Die bereits realisierten Teilabschnitte der Strecke Uedem-Xanten erfreuen sich schon jetzt großer Beliebtheit“, freut sich Heiko Schmidt, Bürgermeister der Gemeinde Sonsbeck. „Wir kommen voran! Der Niederrhein ist insbesondere für Fahrradtouristen ein populäres Reiseziel. Mit dem bald fertig gestellten Radweg Boxteler Bahn werden die Kommunen Uedem, Sonsbeck und Xanten künftig noch gefragter sein.“

Der Radweg sei jedoch nicht allein für touristische Zwecke errichtet worden, betont Xantens Bürgermeister Thomas Görtz: „Mit dem Radweg wurde gleichzeitig eine Fahrrad-Anbindung der drei Campingplätze in Ursel sowie des Campingplatzes in Labbeck geschaffen. Vor allem aber erhalten die Schulkinder, die mit dem Rad nach Xanten kommen, nun eine sichere Strecke und müssen künftig nicht mehr die teils engen und für Radfahrer nicht ungefährlichen Kreis- und Landstraßen nutzen. Die kürzeste Strecke von Labbeck nach Xanten hat jetzt einen gesicherten Radweg.“

 

Schnellste Bahnlinie am Niederrhein

Die nun fertiggestellten Teilabschnitte zwischen Sonsbeck und Xanten sind weitere Puzzle-Stücke des Vorhabens, zwischen den Städten Boxtel (NL) und Wesel ein euregionales Fahrrad-Verkehrswegenetz zu realisieren. Ebendiese beiden Städte verband zwischen 1878 und Ende der 1940er Jahre auch die „Boxteler Bahn“. Diese galt damals am Niederrhein nicht nur als eine der schnellsten Verbindungen zwischen Deutschland und den Niederlanden, sondern fungierte auch als Teil einer Interkontinentalverbindung zwischen London und Berlin. Die knapp 100 km lange Strecke wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und kurz nach Kriegsende stillgelegt. Heute erinnern noch ehemalige Bahnhofsgebäude oder alte Wärterhäuschen, auf die jetzt diverse Informationstafeln entlang des Radwegs hinweisen, an die Strecke.

Um die Jahrhundertwende verkehrten die Züge mit einer Reisegeschwindigkeit von bis zu 100 Stundenkilometern, eine für damalige Verhältnisse immense Geschwindigkeit. Um diese konstant fahren zu können, wurde seinerzeit ein gleichbleibendes Höhenniveau für die Bahntrasse geschaffen. Die Strecke hat daher kaum Steigungen und Gefälle, was den Fahrradfahrern gefallen dürfte. Zudem befinden sich auf dem Bahndamm viele schöne Aussichtspunkte. Lediglich da, wo ehemalige Eisenbahnbrücken entfernt wurden, wie z.B. über die Urseler oder die Marienbaumer Straße, sind heute Höhenunterschiede zu überwinden.

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