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Duisburg. Huntsman, Sana-Klinikum und thyssenkrupp, bedrohte Arbeitsplätze sind in der Rhein-Ruhr-Metropole in den letzten Monaten allgegenwärtig. Nun will das DB Cargo-Management bundesweit 2.100 Arbeitsplätze wegen Zentralisierung abbauen, davon stehen 460 Jobs allein an den beiden Duisburger Standorten an der Masurenallee und Mülheimer Straße auf der Kippe.

Die beiden kampferprobten DB Cargo Betriebsratsvorsitzenden Helmut Pohl und Bernhard Maaßen laden gemeinsam am kommenden Montag, 12.12. zur Betriebsversammlung, um die Betriebsgemeinschaft aktuell zu informieren. Dem bundesweiten Aufruf der EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft) zum Protest nach dem Motto „Es ist 5 vor 12“ werden auch die Duisburger Kolleginnen und Kollegen nach ihrer Versammlung folgen. Ab 11.55 Uhr werden die Güterverkehrsbahner auf der Platte vor dem Hauptbahnhof im Kampf um ihre Jobs, aber auch um ein Wachstumskonzept für umweltfreundlichen Schienengüterverkehr, durch führende Sozialdemokraten, wie Oberbürgermeister Sören Link und die Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir sowie die Landtagsabgeordneten Sarah Phillip und Ralf Jäger unterstützt.

„Es ist ein hausgemachtes und ein verkehrspolitisches Problem“, geben die beiden Betriebsratsvorsitzenden nach den letzten Konzernumstrukturierungen und mit einem Blick nach Berlin zu Bedenken, „durch Netzgebühren, Umweltabgaben und Dieselversteuerung können wir nicht konkurrenzfähig zum LKW sein.“ Bei einer Güterverkehrssteigerung von vermuteten 30 bis 40 Prozent im nächsten Jahrzehnt sei der Verkehrskollaps auf den Straßen vorprogrammiert. „Selbst die 40 Tonnen, die evtl. Gigaliner nach einer bundesweiten Zulassung, transportieren können, werden keine Abhilfe schaffen“, erklärt Bernhard Maaßen und fügt hemdsärmelig ironisch hinzu, „das ist nichts für uns, die 40 Tonnen, die nimmt der Lok-Führer mal eben in seinem Führerstand mit.“ Des Weiteren sieht sein Kollege Helmut Pohl wie auch beim Stellenabbau in anderen Betrieben die Zukunft für DB Cargo schwarz: „Die Sozialpläne und den Stellenabbau treffen wie immer die älteren und erfahrenen Arbeitnehmer sowie die gerade frisch Ausgelernten. Der betriebliche Gau ist absehbar, da Know-How nicht weiter vermittelt werden kann.“ 

Wahrscheinlich wird die Sozialauswahl in den beiden Duisburger Betrieben ab Januar erfolgen, noch gilt der sogenannte „Weihnachtsfriede“. In den Sozialplan bzw. Stellenabbau könnten u.a. die 350 Kolleginnen und Kollegen rutschen, die um die Jahrhundertwende aus den neuen Bundesländern nach Duisburg kamen. Wie dem 51-jährigen Andreas Gottschall aus Erfurt ging es vielen ähnlich, er hatte noch von 82 bis 84 bei der DR (Deutsche Reichsbahn) gelernt. Da die Auftragslage nach der Wende im Osten Deutschlands für Güterverkehr nicht ausreichend war, stand eine Umstrukturierung an. Gottschalls Arbeitskraft als Disponent in der Leitstelle des Umschlagbahnhofs Erfurt wurde nicht mehr benötigt, er hätte nach dem Direktionsrecht des Arbeitgebers temporär überall eingesetzt werden können, wo Arbeit anstand. „3 Wochen in Rostock, 4 Wochen in XY, dann hie und da, das wollte ich nicht als Familienvater“, erklärt der Neu-Duisburger seine Bewerbung zum DB Cargo-Standort in Duisburg.

Der für 1400 Arbeitsplätze geplante Standort an der Masurenallee in Wedau wurde im Juli 1998 bezogen. Heutzutage bearbeiten dort 1250 Frauen und Männer im Servicebereich und 2600 Mitarbeiter in der Technikabteilung an der Mülheimer Straße 27 Prozent des bundesweiten Schienengüterverkehrs. Andreas Gottschall ist seit Ende 2000 einer von Ihnen. Nach der Wohnungssuche zogen seine Frau und der 11-jährige Sohn in 2001 nach Wedau nach. „Es war eine Krux, entweder hätten wir in Erfurt nur von dem Gehalt meiner Frau gelebt, so war es erstmal nur mein Gehalt in Duisburg“, beschreibt Gottschall die damalige Situation. Es folgte ein halbes Jahr Arbeitslosigkeit, inzwischen ist seine Frau beim DB-Jobservice beschäftigt. Familie Gottschall baute sich eine neue Existenz auf, man ist nun in Wedau verwurzelt, die nächste Generation hat sich auch schon niedergelassen. Ein erneuter beruflicher Wechsel weg von der Familie seines Sohnes ist daher für Andreas Gottschall kaum vorstellbar.

Zahlreiche Zentralisierungs- und Umstrukturierungsmodelle der Güterverkehrssparte der DB haben in den letzten Jahren den bundesweiten Verlust von 10.000 Arbeitsplätzen zur Folge gehabt. Ein absolutes „No-Go“ findet der Duisburger SPD-Ratsherr und Verkehrsexperte Bruno Sagurna beim täglichen Hören der Verkehrsnachrichten: „Zuletzt waren 466 km Stau in NRW, Autobahnen und Brücken sind in einem kümmerlichen Zustand, in welcher Bananenrepublik leben wir eigentlich? Der Güterverkehr gehört vermehrt auf die Schiene.“ Sagurna verweist diesbezüglich auch auf die Widersprüchlichkeit zwischen Bedarf und Transportangebot, denn „Erich Staake von duisport setzt ein Logistikzentrum nach dem anderen in jede gute freie Strukturlücke, hat die versprochenen Arbeitsplätze wirklich geschaffen und beim Transport mangelt es zukunftsträchtig, straßenfreundlich und umweltgerecht zu verfahren.“

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