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Oberhausen. “In der Tat bin ich meiner Tochter dankbar, dass sie nicht mitgekommen ist, als ich mich zu dem Jugendzentrum „Place2Be“ und dem Jugendcafé „Stay“ aufmachte, um zu erkunden, wie Jugendliche in Oberhausen diese beiden Jugendeinrichtungen angenommen haben. Hatte ich doch die Einweihung im April 2016 miterleben dürfen, kenne ich doch das Video auf youtube von der Eröffnungsfeier und höre noch die Worte unseres Oberbürgermeisters: ‘Was mir besonders gut gefällt ist schon der optische Eindruck, wenn man auf das Jugendzentrum und das Jugendcafé zukommt; es wirkt nämlich so, dass man hineingehen will.’

Genau das wollte ich meiner Tochter vermitteln. Sie wird in wenigen Tagen 14 Jahre alt und hätte damit sogar die Berechtigung ohne meine Begleitung in das Jugendcafé „Stay“ zu gehen. Gut, dass sie mit anderen Dingen so beschäftigt war, dass ich ohne sie dort aufschlug. Die Fassade ist der Hit – ohne Zweifel, da gebe ich unserem Oberbürgermeister recht, aber wann bitte wird der „zweite Bauabschnitt“ eingeleitet. Vom Eingang aus geht es direkt auf den „Außenbereich“ zu: Müllcontainer getrennt in „Müll“ und „Laub“, ein verzweifelter Bergahorn und eine wetterfeste Tischtennisplatte im Staub. Okay, also erst mal Fehlanzeige: vorne hui und hinten pfui.

Dann aber kahle, nackte, sterile Flure. Türen, die offen stehen, eine lange Reihe Tische mit Stühlen, für wen? Ein Raum dahinter: hurra, doch es gibt sie immerhin ca. 5 Jugendliche. Zwar fest fixiert auf das X-Box-Playstation-Monitor-Geschehen – aber so sind sie die heutigen Jugendlichen. Ich gebe nicht auf, irgendwo in diesen Räumen muss doch was verborgen sein, was Kreativität und Gemütlichkeit ausstrahlt. Ein Platz, an dem Jugendliche sein wollen: „Place2Be“ halt. Hier für Jugendliche von 12 bis 27, im „Stay“ für Jugendliche von 14 +. Aber Fehlanzeige.

Es gibt einen Raum mit Tischtennis, aber da kann man nicht sitzen. Es gibt einen Raum mit Billard und Kicker, aber da kann man nicht sitzen. Etwas zu trinken bekommt man im Jugendzentrum nicht und wenn man unter 14 ist, auch nicht im Jugendcafé. Es gibt einen Durchgang zum Jugendcafé, „Stay“ heißt es, aber will man da bleiben? Im Jugendcafé ist alles wie leer gefegt. „Das ist immer so“, heißt es auf Nachfrage. Gibt es Werbung? Gibt es einen Flyer? Ja, aber der ist überholt, die Öffnungszeiten stimmen nicht.

Hier stimmt noch mehr nicht. Womit sollen Jugendliche sich hier beschäftigen außer trinken, ein Glas auch schon mal für mehr als 1 €. Doch es gibt irgendwo in den Schränken Gesellschaftsspiele, erfahre ich. Aha. Und hier im Jugendcafé ein Kicker, ein Billardtisch, gar eine Play-Station, X-Box, Geräte halt, mit denen Jugendliche sich Zeit vertreiben? Fehlanzeige. Nur Tische, Stühle, keine wirklich gemütlichen Ecken. Alles hell und bunt, alles von außen perfekt einsehbar. Nichts, wo man sich zurückziehen können würde. Das war zu meiner Zeit anders. Wir wollten unsere Jugendzentrums Umgebung je dunkler desto besser; in Kissen versinken und Stunden später erst wieder daraus hervorkommen. Das fehlt hier ganz.

Senkrecht am Tisch sitzen und verzehren von dem Taschengeld, das dann für ganz so viele Besuche hier nicht reicht. Das scheint kein wirklich erfolgreich angenommenes Konzept zu sein. Wenn wenigstens die Jugendlichen ab 12, die im benachbarten Place2Be sich müde gespielt haben, hier ins Jugendcafé rüber kommen könnten, um mal ein Wasser zu trinken. Ich frage, für wen dieses „Stay“ gemacht wurde? Jugendliche waren einbezogen? Das Jugendparlament hat über einen Teil der Fassade eine Entscheidung treffen können, aber auch über das Konzept im Inneren? Sind andere Betreiber von Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit gefragt worden nach ihrem Erfolgsrezept? Ich frage, wie ein solcher jugendfreier Raum mit so viel Aufwand hat entstehen können?

Ein „neuer Ankerpunkt für Jugendliche“ wie die Oberhausener Zeitung noch im Oktober 2013 prophezeit hat, ist hier eindeutig noch nicht entstanden. Auch wenn die Oberhausener Presse am 25. Mai meldet: „Neues Jugendzentrum kommt gut an“.

Nein, stelle ich fest, ehe man davon sprechen kann, dass ein Jugendzentrum gut ankommt, muss es Jugendliche geben, die sich in dem Jugendzentrum auch gerne aufhalten. Gähnende Leere mit Erfolg zu verwechseln, scheint kein Konzept zu sein. Ehe diese beiden Räumlichkeiten, das Jugendzentrum der Stadt auf der einen und das Jugendcafé von ZAQ auf der anderen Seite so zusammenwachsen, dass sich Synergie-Effekte so ergeben, dass man davon sprechen kann, dass ein „Neues Jugendhaus entstanden ist, das sich am Bedarf von jungen Leuten orientiert“, muss noch eine Menge passieren. Die Räume sind da, sie wollen mit Leben gefüllt werden.

 

Andrea-Cora Walther”

 

Anmerkung der Redaktion: Leserbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion veröffentlicht keine anonymen Leserbriefe und behält sich Kürzungen vor.

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